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Morgens Yoga, abends Schnaps | 10.05.2021

Der sehenswerte Kurzfilm „Thorsten Danner im Corona-Blues“ von Limeik Topchi

rheinpfalz.de 

Der Schauspieler Thorsten Danner kann der Pandemie auch Gutes abgewinnen. Aber nicht besonders viel. Foto: Limeik Topchi

Nicole Sperk

Montag, 10. Mai 2021 

Um die Leere im Lockdown wenigstens ein bisschen zu füllen, dreht der Mannheimer Regisseur Limeik Topchi zurzeit mit seiner freien Film- und Theatergruppe „Unser Theater“ Kurzfilme. Der zweite ist jetzt bei Youtube veröffentlicht worden. Er erzählt von „Thorsten Danner im Corona-Blues“.

Thorsten Danner ist keine Romanfigur, er ist ein echter Mensch. Schauspieler und Mannheimer. Er war zehn Jahre lang Ensemblemitglied des Nationaltheaters und ist seitdem freischaffend tätig, auf Bühnen in ganz Deutschland und immer wieder auch in Österreich, wo er einst zum Schauspieler ausgebildet worden ist, am Konservatorium der Stadt Wien.

Wie der deutsche Wald ohne Regen“

Zurzeit hat Thorsten Danner aber nicht so viel zu tun, manchmal wochenlang gar nichts. „Ich fühle mich wie in einer riesigen Dürreperiode“, sagt er in Limeik Topchis Kurzfilm, „ich fühle mich wie der deutsche Wald ohne Regen.“ Er spricht über diesen Zustand in der Kulisse des Alten Volksbads in der Neckarstadt-West, zwischen uralten Wasserhähnen und moderner Kunst, in einer Badewanne liegend, Liegestütze an Wasserrohren machend. Danner spricht über die positiven Seiten von Corona, darüber, dass seine Eltern gesund sind, er selbst seit zwei Jahren keine Grippe mehr hatte, an der Supermarktkasse nun ein wohltuender Abstand gehalten wird. „Früher wurde man von der Hinterfrau im Supermarkt ja mit dem Einkaufswagen regelrecht in den Arsch gefickt“, wird er ein paar Minuten später noch sagen und sich über seinen Zusatz diebisch freuen: „Haben Sie gemerkt? Ich habe nicht das generische Maskulinum gebraucht.“ Wir sehen jemandem zu, der es genießt, endlich mal wieder eine Rolle spielen, sprich: seinen Beruf ausüben zu dürfen. Der gerne den Boshaften raushängen lässt, als er darüber sinniert, dass der Kollege, den er nie wirklich leiden konnte, nun als Fahrer bei Lieferando arbeitet und ihm manchmal Pizza in den vierten Stock bringt.

Einsamkeit und Angst

Vor allem aber sehen wir jemanden, der unter der Situation leidet, den der „ewige Lockdown“ langsam innerlich aushöhlt, der sich „grau wie Packpapier“ fühlt, der unter Einsamkeit leidet und unter der Angst, dass es ein Theatersterben geben wird und er vielleicht in Zukunft nicht mehr gebraucht werden wird. Danner lässt den Zuschauer (generisches Maskulinum!) sehr nah herankommen an sich, teilhaben an seinen Gedanken, Ängsten, an seiner Analyse der Situation: „Das Problem ist: Ich verdiene nicht annähernd so viel wie Til Schweiger.“

Der Regisseur Limeik Topchi bleibt die ganze Zeit stumm im Hintergrund. Er hat ein kurzes, aber großes Werk geschaffen, das diese sehr merkwürdige Zeit dokumentiert, in der jeder eigene Wege finden muss, mit Problemen umzugehen. Bei Thorsten Danner hat sich eine Kombination aus Lösungen als richtig erwiesen: morgens Yoga, abends Schnaps. Und der Rest, sagt er am Ende trocken, sei hinter der Bezahlschranke: „Komm doch ins Theater!“ Würden wir. Wirklich. Unglaublich gerne.

Die Bittstellerin im Theater: Ein „kreatives Interview“ als kleines Meisterwerk | 07.04.2021

rheinpfalz.de

Die Schauspielerin Monika-Margret Steger ist seit ihrem Engagement im Mannheimer Nationaltheater ein Urgestein der freien Szene im Rhein-Neckar-Raum. Hier eine Szene aus dem Kurzfilm mit ihren Kaninchen Ophelia und Othello. Foto: Limeik Topchi 

Heike Marx

Mittwoch, 07. April 2021 

Erst Kuscheln mit Kaninchen, dann als Bittstellerin ins Theater: In dem Kurzfilm „Mehr Zeit für Ophelia und Othello“ wird die Schauspielerin Monika-Margret Steger durch den Lockdown begleitet. Der Mannheimer Regisseur Limeik Topchi nennt seine halb dokumentarischen, halb inszenierten Filme „kreative Interviews“, und ihm ist zum Auftakt der Reihe ein kleines Meisterwerk gelungen.

Um Shakespeare geht es nicht. Ophelia und Othello heißen die beiden Kaninchen von Monika-Marget Steger, für die sie jetzt mehr Zeit hat. In der Art einer klassischen Dokumentation begleitet der Film die Schauspielerin im ersten Teil vom sommerlichen Garten, als nach der ersten Welle wieder etwas Luft war, über leere Stuhlreihen im Herbst bis in den verschneiten Park. Im Sommer klingt „Mehr Zeit für Ophelia und Othello“ zu haben, noch zuversichtlich, obwohl … wie sie sich an die Tiere klammert … Warum hat Topchi diesen Satz als Titel gewählt? „Weil ich ein optimistischer Mensch bin“, sagt er.

Kafkas Erzählung „Vor dem Gesetz“

Denn der zweite kreative Teil des Films ist eine rabenschwarze Inszenierung von Kafkas Erzählung „Vor dem Gesetz“. Das Gesetz, in das der arme Mensch nicht hinein darf, ist mit einer roten Tür zugesperrt. Es ist der Eingang zur Bühne im Theater im Pfalzbau. Monika-Margret Steger ist im Wechsel der Türhüter und der Bittsteller. Im Film ist das überzeugender zu inszenieren als live auf der Bühne. Der Türhüter ist distanziert und herablassend: Vielleicht darf der Bittsteller ja irgendwann hinein, aber jetzt nicht. Als die Tür einmal einen Spalt aufgeht, sieht man die vertikalen schwarzen Strukturen der Seitenbühne. Der Türhüter versperrt den Eingang und droht dämonisch mit immer mächtigeren und brutaleren Wächtern im Inneren, die der Bittsteller niemals überwinden könnte. Der wartet und wartet, geduldig und so klein, dass man ihn fast gar nicht sieht und nur seine Stimme hört, die schwächer und schwächer wird. Bis er sein einziges und individuelles Leben aushaucht, das hinter dieser Tür gelegen hätte, wo nun der Dämon mit satanischem Gelächter auf einem Stuhl mit Rollen durch den leeren Bühnenraum kurvt.

Dem Filmemacher und der Schauspielerin ist mit der Szene ein kleines Meisterwerk gelungen, das mit gespenstischer Eindringlichkeit die kafkaeske Situation ausleuchtet, die wir derzeit durchleben. „Es ist ein gemeinsames Projekt. In wunderbaren Gesprächen fliegen die Ideen hin und her wie der Ball in einem Tennisspiel“, kommentiert Limeik Topchi den Entstehungsprozess.

Eine im „Krisenmodus“ entstandene Idee

Monika-Margret Steger, gebürtige Österreicherin, wurde nach ihrem ersten Engagement am Mannheimer Nationaltheater zu einem Urgestein der freien Szene in der Rhein-Neckar-Region. Der Bulgare Limeik Topchi kam vor zehn Jahren mit einer abgeschlossenen Theaterausbildung nach Mannheim. Zwei Jahre später gründete er hier die internationale Gruppe „Unser Theater“. Künstlerisch Fuß fassen konnte er dank Hansgünther Heyme, dem vormaligen Intendanten des Theaters im Pfalzbau. An dessen Inszenierung des Gilgamesch-Epos 2014 wirkte er als Regie-Assistent und Darsteller mit. 2015 folgte „Der Sturm“ von Shakespeare als deutsch-bulgarisches Projekt (In Mannheim leben um die 10.000 Zuwanderer aus Bulgarien), in dem er neben Regie-Assistenz und Darsteller-Training auch die Hauprolle des Prospero spielte.

Zur Untätigkeit verdammt wie alle in der freien Szene, geriet Limeik Topchi in den „Krisenmodus. Mein Kopf arbeitete ständig, was können wir machen. Da kam mir die Idee, die Kamera zur Bühne zu machen.“

Das nächste „kreative Interview“ ist in Arbeit

Dass er mit der Kamera umgehen kann, kam so: Die Kinder in dem Kurs des Theaterpädagogen wollten ihr Stück möglichst oft spielen, aber das war schwer zu organisieren. Sie kamen mit dem Vorschlag, einen Film zu machen. Auf Youtube könnte ihn dann jeder anschauen. „Ich wollte die Kinder nicht enttäuschen“, erzählt Topchi. „Ich habe eine Fortbildung gemacht und mir eine professionelle Kamera gekauft.“ Das war 2018. Seitdem hat er noch ein paar Filme gedreht. Wie gut, dass er schon konnte, was man als Theaterschaffender derzeit so nötig braucht.

Seine kreativen Interviews haben als festen Rahmen die Zweiteilung in inszenierte Statements und „aktuelle Werkstatt“. Als nächste Folge schon in Arbeit ist ein Film mit Lisa Massetti. Das Projekt wird vom Mannheimer Kulturamt kofinanziert. Die Hälfte muss Topchi durch Spenden aufbringen. „Das ist äußerst schwierig“, sagt er. „Für „Mehr Zeit für Ophelia und Othello“ habe ich drei private Sponsorinnen gefunden. Für die Fortsetzung des Projekts suche ich noch.“

Im Netz

Mehr Zeit für Ophelia und Othello“ auf Youtube und über die Plattform mannheim-zusammen.de

“Heidelberger Stars” feiern Premiere | 16.12.2019

Mannheim.de:

Frei nach dem Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ haben Kinder, Jugendliche und Eltern der Neckarstadt-West sowie vielen andere Mannheimer*innen den Film „Heidelberger Stars” gedreht. Entstanden ist der Film in den Stadtteilen Schönau, Innenstadt, Neckarau, Lindenhof und Neckarstadt-West. Gestern feierte er im Cineplex Mannheim seine Premiere.

„Dieses Projekt zeigt, dass unser Zusammenleben immer dann gut funktioniert, wenn wir Dinge gemeinsam gestalten“, stellte Bürgermeister Dirk Grunert im Vorfeld der Premiere des Spielfilms „Heidelberger Stars“ fest – eine Story frei nach den „Bremer Stadtmusikanten“ mit dem Fokus aufs Hier und Heute. Das Märchen der Gebrüder Grimm hatten Kinder und Jugendliche der Neckarstadt-West bereits mit großem Erfolg als Theaterstück bei der Lichtmeile 2018 aufgeführt. Für den Film haben sie die Geschichte weiterentwickelt und nach Mannheim verlegt.  „Ich bin sehr gespannt auf das, was wir da jetzt gleich auf der Leinwand sehen werden“, sagte der für Bildung, Jugend und Gesundheit zuständige Dezernent im vollbesetzten Kino 3 im Cineplex. Doch auch ohne den Film zu kennen, sei bereits jetzt festzuhalten, dass das Projekt in vielerlei Hinsicht besonders und beispielhaft sei. „Vielleicht haben Sie, liebe Eltern, neue kreative Seiten an Ihren Kindern entdeckt“, so Grunert. Die jungen Darsteller*innen ihrerseits hätten während des Drehs gelernt, sich immer wieder auf neue Situationen, unterschiedliche Drehorte und ihre Mitspieler einzulassen. „Es wurden Freundschaften geschlossen, und ihr habt bei der Gelegenheit andere Stadtteile und auch das Mannheimer Rathaus kennengelernt“.

Aus Sicht der Medien- und. Kommunikationswissenschaftlerin nannte die Projektleiterin von „Girls go movie“, Dr. Kathrin Lämmle, weitere Aspekte: In Zeiten, in denen die Bewegtbild-Kommunikation immer mehr an Einfluss gewinne, sei es wichtig, etwas darüber zu wissen, wie mittels Kamera- und Toneinstellung sowie der Auswahl von Musik und Licht bestimmte Bilder und Stimmungen bei den Zuschauer*innen erzeugt werden können. „Wer selbst Film macht, lernt auch Film zu sehen“, fasste es Lämmle unter dem Stichwort Medienkompetenz zusammen. Die Kinder und Jugendlichen hätten sich gemeinsam Dialoge und Drehorte überlegt und dabei wiederum gelernt, dass man Dinge aus verschiedenen Perspektiven sehen und Figuren unterschiedlich beleuchten kann. Letzteres haben die jungen Menschen auch getan und ein sehr aufmerksames, authentisches, lebendiges und auch kritisches Zeitdokument geschaffen.

Im Film wurden aus Esel, Hund, Katze und Hahn jeweils zwei Menschen, die in Mannheim leben und sich mit einfachen Jobs ihren Lebensunterhalt verdienen. Alle verlieren von heute auf morgen ihre Arbeit. „Ihr habt dabei sehr gut herausgearbeitet, dass dies aus unterschiedlichen Gründen geschieht“, lobte Birgit Schreiber, Kinderbeauftragte der Stadt Mannheim und zugleich Produktionsleiterin. Wie die Bremer Stadtmusikanten, führt auch die Mannheimer*innen der Zufall zusammen. Als sie sich die Aufführung eines Straßenzirkus anschauen, werden sie angesprochen: „Wir suchen Sie für unsere Zirkusshow“, werben die Artist*innen, und die Mannheimer*innen folgen dem Aufruf, nach Heidelberg zu kommen um Stars zu werden. Frisch eingekleidet werden sie auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle Zeug*innen eines Taschendiebstahls und verfolgen die Räuber*innen.

Der 57-minütige Spielfilm ist eine Produktion des Fachbereiches Demokratie und Strategie, der Kinderbeauftragten der Stadt Mannheim und der internationalen freien Theater-Filmgruppe „Unser Theater“. Er wurde vom Integrationsfonds Südosteuropa der Stadt Mannheim, der Stadtteilinitiative gegen Fremdenfeindlichkeit in der Neckarstadt sowie vom Bezirksbeirat Neckarstadt-West gefördert. Die Regie und Gesamtleitung hatte Limeik Topchi, der gemeinsam mit Birgit Schreiber auch das Drehbuch geschrieben hat. Über 60 Kinder, Jugendliche und Eltern der Neckarstadt-West sowie viele andere Mannheimer*innen arbeiteten vor und hinter der Kamera mit. Hauptdrehorte zwischen April und Oktober 2019 waren eine Tierarztpraxis in Mannheim-Schönau, die Baustelle in T 5, der August-Bebel-Park in Neckarau, der Paradeplatz, eine Boutique in der Neckarstadt-West und das Mannheimer Rathaus.

Den Trailer zum Film und weitere Informationen gibt es unter http://www.unser-theater.com

Erfolgreiche Filmpremiere: „Das goldene Mädchen“ | 17.10.2018

Mannhem.de:

Mit anhaltendem Applaus würdigte das Publikum die schauspielerischen Leistungen der Kinder und Jugendlichen sowie die Regiearbeit von Limeik Topchi. Der Film „Das goldene Mädchen“ feierte im Rahmen der einander.Aktionstage 2018 am 12. Oktober seine Filmpremiere im vollen Cinema Quadrat. Präsentiert wurde der Film von der internationalen freien Theatergruppe „Unser Theater“ und der Kinderbeauftragten der Stadt Mannheim, Birgit Schreiber.

Verfilmt wurde das bulgarische Märchen „Das goldene Mädchen“. Es handelt von einem Mädchen, das gezwungen wird, sich unter widrigen Umständen ein neues Zuhause zu suchen. Dieses Schicksal haben Kinder der Neckarstadt-West unter der Regie von Limeik Topchi 2017 auf klassische Art auf die Bühne gebracht. Der Film erzählt das Märchen neu. Das Dorf wurde zur Stadt und der Wald zu Kellerlabyrinthen. Der Film „Das goldene Mädchen“ wird zu einem modernen Märchen mit Witz, Charme, Groteskem und vielen weiteren Überraschungen.

Eine Zuschauerin fasst die Begeisterung des Publikums in wenigen Sätzen zusammen: „Theaterpädagogisch und künstlerisch topp! Super Kamera und Schnitt! Integrationsprojekt und gleichzeitig Sprachförderung!“ „Es ist rundum gelungen“, ergänzt Birgit Schreiber, die Kinderbeauftragte der Stadt Mannheim, „eine beachtliche Leistung von allen Beteiligten!“ Für den Regisseur Limeik Topchi ist es sein erster Film, auch als Kameramann. „Die Begeisterung des Publikums macht uns alle sehr glücklich“, so Topchi.

Der Film ist ein Projekt der internationalen freien Theatergruppe „Unser Theater“. Mitgewirkt haben Kinder, Jugendliche und ihre Eltern der Theatergruppe „TheaterSpielen für Alle“ vom Quartiermanagement Neckarstadt-West. Er entstand durch das Engagement von Limeik Topchi als Regisseur und Kameramann sowie durch Seffgi Topchi als Regieassistenz, Theaterpädagogin, Kostüm- und Maskenbildnerin. Den Schnitt übernahmen Tatiana und Artem Gratchev. Unterstützt wurde „Unser Theater“ von der Stadtteilinitiative gegen Fremdenfeindlichkeit in der Neckarstadt und der Kinderbeauftragten der Stadt Mannheim.

Die „einander.Aktionstage 2018“ sind eine Veranstaltungsreihe zur Förderung und Wertschätzung der gelebten Vielfalt in Mannheim. Bis zum 27. Oktober finden stadtweit Veranstaltungen statt. Das Programm ist abrufbar unter www.einander-aktionstage.de.

Impromatch par excellence | 10.10.2018

Animus Klub Bericht:

Unser Theater präsentierte im Rahmen der „einander.Aktionstage 2018“ im Ida-Scipio-Heim die unglaublich lustige Performance „Alt und Jung spielen gemeinsam!“

Gemeinsam Theaterspielen mit den Bewohnern des Ida-Scipio-Heims in der Neckarstadt Ost, das war die Projektidee von Regisseur Limeik Topchi und der Leiterin Frau Petra Anton für die diesjährigen „einander Aktionstage“ – Gemeinsam für Zusammenleben in Vielfalt. Das partizipative und interaktive Projekt wurde vom vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.    


Diese Projektidee, die Theatergruppe „TheaterSpielen für Alle“ von Limeik Topchi in Kontakt mit den großteils betagten und gesundheitlich teilweise sehr stark beeinträchtigten Bewohnern des Heimes zu bringen, und mit diesen dann ein Theaterstück einzustudieren, war aber gleichzeitig auch ein ganz große Herausforderung für alle Beteiligten, denn je nachdem in welcher körperlichen oder geistigen Verfassung sich die Bewohner befanden, war eine Probe nicht an allen Tagen möglich, oder gestaltete sich oft auch sehr schwierig.

Dennoch war diese Aktion „Alt und Jung“ zusammenzubringen, sowohl für die Kinder und Jugendliche, als auch für die Senioren eine ganz besondere Erfahrung, und diese neue, und durchaus willkommene Abwechslung tat vor allem den Heimbewohnern sichtlich gut.

So waren wir sehr gespannt darauf, was Limeik Topchis interdisziplinäre Gruppe in einer relativ kurzen Zeit auf die Bühne gestellt hat. Niemand wusste genau, was uns in der nächsten Stunde für ein Theater erwarten würde. Sämtliche Akteure haben auf Wunsch des Regisseurs ein ganz großes Geheimnis daraus gemacht.

Um das Ganze in Fahrt zu bringen, und das Stück mit viel Herzblut zu untermalen, konnte Topchi keinen anderen gewinnen, als den Alleskönner Bernhard Wadle-Rohe, der gleich darauf das Rampenlicht mit einem Besen betrat, und bekannte Zitate aus Shakespeare und Goethe lautstark zum Besten gab. So verwandelte sich das berühmte „Sein oder nicht Sein“ aus Shakespeares Hamlet, ganz schnell in Goethes „Walle, walle manche Strecke, dass, zum Zwecke, Wasser fließe“, aus dem Zauberlehrling.

Während der Besen noch in rasender Geschwindigkeit vor der Bühne im Kreise herumtanzte, wollte es sein Protagonist diesem gleich tun, und bat die Kinder um einen Tanz. Doch ohne Musik war das irgendwie langweilig. Und so überreichte ihm gleich darauf ein kleiner und freudestrahlender Lehrling eine JBL-Bluetooth-Musikbox. Damit konnte der verdutzte Zauberer im ersten Moment allerdings nicht wirklich etwas anfangen, denn das Ding machte alles, nur keine Musik.

Hier schaffte der Lehrling mit seinem Handy blitzschnell Abhilfe, und wie durch ein Wunder ertönte Sekunden später eine coole Rap-Musik aus der Box, die sämtliche Kinder motivierte auf die Bühne zu kommen und zusammen mit dem Zauberer zu tanzen. Um allen Musikgeschmäckern gerecht zu werden, ertönten gleich darauf die berühmte Schlagernummer „Atemlos“ und der Kultsongs „99 Luftballons“.

„Lasst uns Theaterspielen!“, so der Vorschlag des Zauberers, und da die Kinder noch keine Klassiker, wie Hamlet, Faust, oder den Götz von Berlichingen kannten, und unbedingt weiter musizieren und tanzen wollten, entschied sich die Gruppe kurzerhand das Stück „Die Bremer Stadtmusikanten“ aufzuführen.

Würdevoll begleiteten nun die kleinen Schauspieler die Heimbewohner auf die Bühne, um an der Seite des Moderators Bernhard Wadle-Rohe, die Sprecherrollen zu übernehmen. Der Esel zeigte sich allerdings von Beginn an als authentische und sehr störrige Persönlichkeit, und Frau Isolde Platz, die seinen Part als Sprecherin übernahm, glänzte mit unheimlich unterhaltsamen Bemerkungen, die sämtliche Akteure in herzhaftes Lachen versetzte.

Auch unser Vorsitzender Alexander Höfer bekam von Topchi spontan eine Rolle zugwiesen. Er durfte in dem Stück den Hahn sprechen. Es hieß also „Bühne-frei!“ für eine Impromatch-Vorführung, und wer unseren Vorsitzenden kennt, der weiß, dass er hier wirklich richtig gut ist, zumal er unzählige Sprachen spricht, Dialekte imitieren, und wenn es, so wie hier sein muss auch authentisch-klingende Tierstimmen nachahmen. 

Gleich darauf entstand eine Version der Bremer Stadtmusikanten, die die Welt in dieser Form noch nicht wirklich gesehen hat, und zwar mit einem coolen Esel, dessen Sprüche und Flüche nicht wirklich im Drehbuch standen, einem Hund, dessen Sprecher Gerhard Gögel ihn immer wieder herzhaft bellen ließ, einer dualen Katze, deren zwei Sprecherinnen Erna Brechner und Desiderata Busi sie wunderschön zum Singen brachten, und einer Horde wild gewordener Kinder, die versuchten zu diesem Szenario die Bremer Stadtmusikanten auf der Bühne darzustellen. Ach ja, das lautstarke und unglaublich authentische Krähen unseres ersten Vorsitzenden als Hahn, möchten wir hier natürlich auch nicht vergessen zu erwähnen.

Im Anschluss an das extravagante Stück wurde dann noch eine gemeinsame Singrunde initiiert, in der nicht nur die Bewohner, sondern auch die Akteure ihr Gesangstalent in einer Solo-Einlage unter Beweis stellen durften. Hier glänzte unser Vorsitzender mit einer außergewöhnlich-intonierten Operetten-Version des Volksliedes „Grün, grün, grün, sind alle meine Kleider!“

Fazit: Wir hatten an diesem Abend riesigen Spaß und formidable Unterhaltung, sagen den Verantwortlichen Limeik Topchi und der Leiterin Petra Anton recht vielen Dank für diesen tollen Abend und sind sehr gespannt darauf, wie sich dieses ehrenwerte Projekt „Alt und Jung spielen gemeinsam!“ weiter entwickeln wird. Eines ist bereits heute schon sicher. Wir sind beim nächsten Mal wieder mit dabei.

Das Goldene Mädchen – Der Film | 19.10.2018

Animus Klub Bericht über unsere Premiere

Action zwischen Toilettentüren und Wasserrohren! – Unser Theater präsentierte eine außergewöhnliche Inszenierung des berühmten Bulgarischen Märchens!


Enorme Aufregung herrschte bei der Prämiere des ersten Filmes des Unser Theaters im Rahmen der„einander.Aktionstage 2018“. Besonders dem Regisseur Limeik Topchi sah man heute die große Anspannung an, die aber auch einen Hauch stolz in sich trug; war es doch ein ganz besonderer Moment, den Besuchern und Akteuren, allen voran den Kindern, das Debut im Cinema Quadrat auf Großbildleinwand präsentieren zu können.

Sehr viele Stunden harte Arbeit, Fleiß, aber auch Nerven kostet die Produktion eines Filmes. Mitunter dauert es einige Monate, manchmal sogar Jahre, bis man das endgültige Resultat vorführen kann. Gerade unser Vorsitzender Alexander Höfer kennt die Schwierigkeiten bei der Filmproduktion sehr genau. Er weiß wie viel Geduld und auch Liebe zum Detail vorhanden sein müssen, um im semiprofessionellen Bereich ein schönes und anschauliches Zeitdokument zu erstellen.

Dieses: „Oh ja, lass‘ uns einen Film machen!“, hört sich zwar immer sehr schön an, doch wenn es dann ans Eingemachte, ans Bearbeiten – an das Schneiden und das Nachvertonen – geht, da lässt die Motivation der Verantwortlichen meist doch sehr schnell nach. So gibt es im sozialen Jugendarbeitsbereich nur ganz wenige Sozialpädagogen oder Einrichtungen, die Teile ihrer Arbeit als Film präsentieren können.

Ein Theaterstück als Filmdrehbuch im Keller des Alten Volksbades neu zu inszenieren. Das Ganze auch noch aus mehreren Blickwinkeln zu filmen, moderieren zu lassen und zusammenzuschneiden, ist allerdings noch einmal eine ganz andere Hausnummer, und als Debut eine unheimlich große Herausforderung, um nicht zu sagen ein sehr gewagtes Unterfangen.

Aber Limeik Topchi ist ein Regisseur, der sich solchen Herausforderungen stellt, und der dann seine Akteure mit ganz großer Leidenschaft dazu motiviert dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Das Goldene Mädchen, das wir im letzten Jahr als Theaterstück bei derLichtmeile bereits live bewundern durften, wurde nun neu inszeniert und teilweise auch neu choreografiert und mit ein paar unheimlich lustigen Einlagen ausgestattet.

So beginnt das Märchen ein wenig anders, als beim Theaterstück der Lichtmeile und die düstere, ja fast schon horrorähnliche Atmosphäre der Kellerräume des Alten Volksbades wurde zusätzlich noch durch geniale Audio-Effekte – knarzende Türen, bedrohliche Geräusche, spannende Schritte und unheimliche instrumentale Soundeinlagen verstärkt.

Die Kinder, insbesondere die Hauptdarsteller agieren allesamt auf einem sehr hohen schauspielerischen Niveau. Gestik und Mimik, sowie die Dramaturgie sind beeindruckend, da häufig im Großbild eingefangen.

Auch maskenbildnerisch hat der Film einiges zu bieten. Spinnen, Teufel und Schlangen erscheinen nacheinander und nehmen nicht nur den Zuschauer, sondern auch das verlorene Mädchen gefangen.

Überraschende Gimmicks, sowie genial inszenierte, kurz eingeblendete Gestik und Mimik im Großformat, versetzten die Zuschauer ein ums andere Mal in heftiges Lachen oder großes Erstaunen. Die Verantwortlichen haben hier wirklich nicht an der Liebe zum Detail gespart, und zur Überraschung der Zuschauer, lieber hier und da noch ein wenig mehr Muße und Ideen hinzugefügt, um den Film noch unterhaltsamer und interessanter zu machen.

Dass das Goldene Mädchen am Ende dann auch noch genauso wie im richtigen Märchen davonfliegt, war dann die Krönung eines durch und durch gelungenen und sehr unterhaltsamen Filmes. So ernteten die Akteure dafür minutenlang ganz großen Applaus seitens des Publikums.

Klar, dass so eine besondere Premiere auch einen feierlichen Rahmen verdient hat. So haben die Verantwortlichen für die Kinder, deren Eltern und Gäste auch noch ein sehr fruchtiges Schwedisches Buffet vorbereitet. Zusätzlich organisierten die motivierten Kinder des Theaters einen Merchandise-Stand, an dem die Besucher DVD’s und Programmhefte kaufen konnten. Den Erlös wollen die Kinder für den Kauf einer Video-Drohne verwenden, die für das zweite große Filmprojekt benötigt wird.

Da die Kindergruppe  „TheaterSpielen für Alle“ keine gewöhnliche Theatergruppe ist, sondern sich fast ausschließlich aus Migrantenkindern zusammensetzt, die erst seit kurzer Zeit in Deutschland wohnen, und der Regisseur Limeik Topchi hier gleichzeitig nicht nur versucht den Kindern auf diese Weise den Schöngeist der Deutschen Sprache zu vermitteln, sondern sie auch anleitet diesen sehr anschaulich und ausdrucksstark auf der Bühne oder im Film darzustellen, wurde dieses Theaterprojekt auch vomIntegrationsfond der Stadt Mannheim finanziell gefördert. Da im Vorfeld auch die Werbetrommel ganz kräftig gerührt wurde, rechneten die Verantwortlichen durchaus mit einigen Pressevertretern und politischen Verantwortlichen. 

Dass diese Anerkennung am Ende leider ausblieb, hatten die Kinder für ihre großartige Leistung nicht wirklich verdient, und so gebührte es Limeik Topchi am Ende alleine, sich bei seinen großartigen Helfern, allen voran bei seiner Schwester und Kamerafrau Seffgi Topchi, und den beiden für den Schnitt und die Nachvertonung verantwortlichen Cuttern Tatiana und Artem Gratchev, sowie der Kinderbeauftragten der Stadt Mannheim Birgit Schreiber für ihre Hilfe und Unterstützung in aller Form zu bedanken. 

Fotos und Text: Animus Klub

Mannheimer Morgen. Das Hohe Lied der Toleranz | 26.04.2017

Das Hohe Lied der Toleranz

26. April 2017 Autor: Sylvia Osthues

Nathan der Weise in der Kulturkirche Epiphanias, gespielt von der Internationale Freien Theatergruppe. Annette Hammerstein im Dialog mit Leo Kawe (Tempelherr, l.), rechts: Der Klosterbruder (Klaus Becker) bekommt den Kopf gewaschen.
© Prosswitz

Können verschiedene Religionen und Kulturen sich im gemeinsamen Menschlichen versöhnen? In Zeiten, da mit Waffengewalt Demokratie erkämpft wird, Extremisten jedweder Glaubensrichtung und politischen Gesinnung Terror verbreiten und Menschen auf der Flucht auf Grenzen stoßen? Mehr als 200 Jahre nach Lessing sind seine Fragen aktueller denn je. Limeik Topchi geht in seiner Inszenierung von “Nathan der Weise” dem Potential von Lessings Parabel nach und fragt bei der Aufführung in der Kulturkirche Epiphanias nach dem Nathan von heute.

Von Lessings Sprache gefesselt


Gibt es ihn oder muss seine Vision für ein friedliches Zusammenleben der Religionen immer wieder neu behauptet werden? Ein Stück, das nicht besser in die Kulturkirche Feudenheim passen könnte. “Die Kulturreihe im zweiten Jahr ist ein Erfolgsprojekt”, freute sich Organisator Werner Besier. Das bewiesen auch die 152 Besucher, die nicht nur aus Feudenheim kamen. Auf der Bühne stießen verschiedene Religionen und Kulturen aufeinander – im Spiel und in der Realität.
“Unser Theater” ist eine Internationale Freie Theatergruppe. Sie hat aus Bulgarien stammende Schauspieler und Regisseur Limek Topchi, der schon in Hansgünther Heymes “Gilgamesch” in Ludwigshafen auf der Bühne stand und auch in Heymes “Sturm” in der Neckarstadt-West mitwirkte, aus diesen Aufführungen und dem freien Theaterspiel an der Abendakademie Mannheim requirierte. Die Sprache von Lessing habe ihn schon immer gefesselt, erzählte Topchi.

Seine Inszenierung ist eine neue Interpretation der Ringparabel, die den Kern des Stückes bildet und als Schlüsseltext der Aufklärung gilt. Nathan ruft Vertreter aller Religionen zusammen und reicht ihnen mittels der Parabel die Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben, religiöse Toleranz und vorurteilslose Liebe – auf dass der Mensch in Würde frei sein kann.
Zwar ist die 200 Jahre alte Sprache noch immer das tragende Fundament in Tocchis Inszenierung. Doch sie wird bereichert durch moderne Videosequenzen, die in der Neckarstadt-West spielen. Der Besetzung der Rollen ging eine intensive Charakterstudie voraus. Das führte dazu, dass Tocchi Nathan und den Sultan am Ende mit zwei Frauen besetzte, die ihre Rollen überzeugend verkörperten. Monika Loser strömt als Nathan eine beeindruckende Ruhe aus. Auch wenn die hohe Stimme beim Sultan ein wenig irritierte, so brachte Brigitta Martin seinen Charakter dennoch glaubhaft rüber. Den Tempelherren (Leo Kawe) hat Tocchi im Cohrs in der Neckarstadt-Ost entdeckt. Der Medizinstudent, der auf einem Skateboard auf die Bühne rollt, bewies schauspielerisches Talent.
Großartig auch Betül-Bengü Soyupak als Recha und Larissa Fritsch als Schwester des Sultans. Doch zwei spielten alle anderen an die Wand: Annette Hammerstein, die ebenso gut singt und tanzt, überzeugte vor allem durch ihr Spiel zwischen liebedienerisch und intrigant. Großartig auch Klaus Becker als Klosterbruder, ausdrucksstark in Mimik und Gestik. Die Botschaft Lessings vor künstlerisch gestalteten Kulissen (Spartak Paskalevski) kam bei den Zuschauern an, die mit begeistertem Applaus die schauspielerische Leistung belohnten.

© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 26.04.2017

Wormser Zeitung. Nathan der Weise in Worms | 29.03.2017

Nathan der Weise neu bearbeitet in Worms: Beschwörende Absage an Gewalt aktueller denn je

Alle Schauspieler halten sich während des Stücks am Bühnenrand auf. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin

Von Ulrike Schäfer
WORMS – Man möchte viele Sätze aus „Nathan der Weise“ in Gold fassen, so klar, so gültig äußert sich Lessing über das Wesen der Religionen, die ihre Wahrheit allein durch gelebte Menschlichkeit erweisen. So empfand es wohl auch Regisseur Limeik Topchi, der das Stück mit seiner 2013 gegründeten Internationalen Freien Theatergruppe „Unser Theater“ neu inszenierte und es nach der Premiere in Mannheim am Samstag nun auch auf die Bühne des Lincoln-Theaters brachte.

Filmeinspieler vernetzen mit Menschheitsgeschichte


DARUM GEHT’S

Bei seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise findet der Jude Nathan sein Haus in Schutt und Asche vor. Die Tochter Recha wurde von einem jungen Tempelritter, dem kurz zuvor Sultan Saladin das Leben geschenkt hatte, aus den Flammen gerettet.

Als Saladin Nathan um Geld bittet, um den Krieg gegen die Ungläubigen zu finanzieren, kommt es zu der Frage, welche der drei Buchreligionen denn die wahre sei, und Nathan antwortet mit der Ringparabel. Problematisch wird die Geschichte, als sich herausstellt, dass Recha ein angenommenes Christenkind ist. Vorurteile und Hass drohen sich zu entladen.

Da entdeckt Nathan, dass Recha und der Tempelritter Geschwister sind, Kinder des verstorbenen Bruders Saladins. So spiegelt sich denn die Verwandtschaft der abrahamitischen Religionen – etwas sehr konstruiert – auch in familiärer Verwandtschaft wider.


Das Auffallendste an dieser Neubearbeitung von Lessings Ideendrama durch den Schriftsteller Klaus Servene sind die Filmeinspieler (Tatiana und Artem Gratchev). Sie vernetzen das Stück, das zur Zeit der Kreuzzüge in Jerusalem spielt, mit der Menschheitsgeschichte. Schon die erste Sequenz, drei Personengruppen vor einem düsteren Graffito, die mit Geschrei die Welt nach ihren ureigenen Vorstellungen verändern wollen und sich dabei die Köpfe einschlagen, zeigt, wo das Problem liegt. Wie lang wird das Glück über den Waffenstillstand anhalten? Wie ein antiker Chor agiert das Ensemble auch in den weiteren, raffiniert choreografierten Szenen, die sich immer mehr der Gegenwart annähern und Sehnsüchte, Träume und eine endgültige, beschwörende Absage an die Gewalt vermitteln.

Dazwischen Lessing, gestrafft, auf wesentliche Gedanken zugespitzt. Die Geschichte wird von Limeik Topchi in klaren Bildern umgesetzt. Alle Schauspieler sitzen während des ganzen Stücks am Bühnenrand, sind Anwesende, halb verborgen von Mauern. Hervor treten immer nur die, die mit ihrem Spiel an der Reihe sind. Drei künstlerisch bemalte Paravents (Prof. Dr. Spartak Paskalevski), die sich zu unterschiedlichen Bildern zusammensetzen lassen, bilden die Kulissen. Die märchenhaften Fantasiekostüme (Dzavada Christ) ermöglichen eine Zuordnung zu den Religionen, aber sie deuten auch Zwischenformen und Veränderungen an.

Dass die Hauptrollen Nathan und Sultan Saladin von Frauen gespielt werden, irritiert auf den ersten Blick, doch Monika Loser und Brigitta Martin verleihen ihren Rollen so viel Ernst und respektgebietende Würde, dass man schnell in ihren Bann gezogen wird. Ihnen zur Seite steht Daja (Annette Hammerstein), die überschwängliche, aber ambivalente Gesellschafterin Rechas, und Saladins kluge Schwester Sittah (Larissa Fritsch). Als ungebärdiger Tempelritter liefert sich Leo Kawe mit dem kriecherischen Klosterbruder (Klaus Becker) ein hinreißendes Duell. Die noch sehr kindliche Nathan-Tochter Recha (Betül-Bengü Soyupak) muss erst mit den Fäusten auf den Boden trommeln, bis sie seine Aufmerksamkeit erringen kann. Hübsch ist die Idee, die Rolle des doppelgesichtigen Derwischs Al-Hafi (Beate Gerbil und Eli Elfeky) auf zwei Personen zu verteilen. Neu eingeführt, wenn auch nicht unbedingt nachvollziehbar, ist die Rolle der ermordeten Ehefrau Nathans (Mariana Arnaudova), die ihren Mann beim Erdenken und Erzählen der Ringparabel mit tänzerischem Gestus inspiriert. Einer der Höhepunkte dieser starken Inszenierung: Der Mannheimer Schauspieler Dirk Mühlbach spielt den „herzlosen“ Jerusalemer Patriarchen. Herzlos in doppeltem Sinn, denn der Künstler wartet schon seit Jahren auf ein Spenderherz und lebt mit einem Kunstherzsystem, das er am Gürtel trägt.

Zum Schluss tanzen alle, die Mauern fallen, die bunte Kulisse formt sich zu einem Gesicht, in dem sich die Symbole aller drei Religionen vereinen, und der junge Eli Elfeky tritt vor und verkündet unter Beifall die Vision eines immerwährenden Friedens unter den Menschen.

 

© Wormser Zeitung. 29.03.2017

Mannheimer Morgen: Mutiger „Flirt mit dem Tod“ | 25.05.2016

Mutiger „Flirt mit dem Tod“

Schauspiel: „Unser Theater“ zeigt Aufführung im Casablanca-Saal des Capitols

MANNHEIM. Der schaurige Sensenmann als schöne Frau -aus diesem Umkehrspiel entwickelt sich ein “Flirt mit dem Tod”. Das Bühnenstück zwischen Drama und Romanze, Erwartungen und Enttäuschungen feierte im Mannheimer Capitol bereits Uraufführung – und ist nun nochmals dort zu sehen. Im kleinen Casablanca-Saal zeigte sich das Publikum von der emotionalen Darbietung der “Unser Theater”-Akteure begeistert. Continue reading Mannheimer Morgen: Mutiger „Flirt mit dem Tod“ | 25.05.2016