Mannheimer Morgen: Bissige Dialoge | 25.01.2016

Bissige Dialoge

Gleich zu Beginn wird in der gegenseitigen Vorstellung der Wettkampf eröffnet: “ich sein ein nobel preisen universitäten professor kapazität von den deutschen geschichten”, heißt es in der Diktion des Sprach-Experimentators Ernst Jandl. “Die Humanisten” streiten im steten Überbietungsmodus, bis sie schließlich die vorübergehende Einigung am Ende in den Tod schickt. Ob es nun die Terroristen sind, die “burgentheatern und operan” in die Luft sprengen wollen, oder ihre österreichischen Landgenossen, das bleibt dabei weitestgehend offen. Jedenfalls endet Jandls lautkritisches Wortspielkurzstück in einem tödlichen Unentschieden.

Harter Tobak, der nicht nur beim Lesen leichtfüßig und wortwitzig daherkommt, sondern auch unter Stefan Grieshabers Regie beim Late- Night-Gastspiel der Ludwigshafener Theatergruppe Unser Theater. Das bietet in zackigen 45 Minuten ein kluges Stellungsspiel im Foyer des Mannheimer Theaters in G 7 (TiG 7).

Wortreiche Gesellschaftskritik

Im wechselnden Rollenspiel lässt Grieshaber seine sechs Darsteller den eigentlichen Dialog zweier unbenannter Herren zu einem leicht fließenden Diskurs über die Stellung von Wissenschaft und Kunst werden. Der verliert sich manchmal ein bisschen sehr in großen Gesten und stechenden Blicken mit weit aufgerissenen Augen, aber unterm Strich stellt er eine überlegte Auseinandersetzung mit Jandls Gesellschaftkritik dar. Eine bissige und immer noch schlimmkomische Untersuchung gesellschaftlicher Traditionen, kultureller Konventionen und die patriarchalischen Verteidigungs- und Erhaltungsversuche einer Ordnung, die schon längst nicht mehr gelten kann. bema©

Mannheimer Morgen, Montag, 25.01.2016